Uni-Logo Institut für Informatik - Arbeitsgruppe Medieninformatik

Neue Osnabrücker Zeitung, 11. Dezember 1999

Studieren mit viel Freude am geistigen Abenteuer

"Lösungen für konkrete Probleme" - Neue Abschlüsse

Von Stefan Lüddemann


Hat die Mathematik ein Imageproblem? "Ich studiere Mathematik, obwohl es auf der Schule nicht so toll war", sagt immerhin die Studentin Silke Brinkschmidt. Und Prof. Elmar Cohors-Fresenborg spricht von einem "Qualitätsproblem", das der Mathe-Unterricht habe. Jedenfalls scheint der Ruf der Disziplin bei den jungen Leuten etwas ramponiert zu sein. Denn seit Jahren sinken im Fach Mathematik die Zahlen bei den Studienanfängern - wie übrigens auch in vielen anderen technischen Fächern.

"Die Anstrengungsbereitschaft geht zurück", meint Cohors-Fresenborg, und der Informatiker Prof. Oliver Vornberger ergänzt: "Heute sind die Menschen mit Technik einfach überversorgt. Gerade junge Leute haben nicht das Gefühl, da mithelfen zu müssen." Liegt es also doch an den Schülern?

Keine Sorge: Die Osnabrücker Mathematiker versinken nicht im Trübsinn. Stattdessen sind sie aktiv. Zum Beispiel mit den Angeboten an die Schulen der Region. "Wir wollen einen besseren Kontakt zu Schülern bekommen", sagt Dr. Judith Plümer. Regelmäßig bieten die Mathematiker von der Universität Vorträge zu spannenden Fragen ihres Faches an. Auch Besuche von Gymnasien im Fachbereich sind gern gesehen. Und dabei freuen sich die Gastgeber sehr über jedes Mädchen. Denn nach wie vor sind es meist die jungen Männer, die ein Studium der Mathematik aufnehmen.

Dabei kann die Wissenschaft, die als trocken und schwierig verkannt ist, auch viel Spaß machen. "Die jungen Leute müssen Spaß am geistigen Abenteuer haben", sagt Cohors-Fresenborg, der jungen Menschen vor allem Herausforderungen bieten möchte. Dazu besteht am Osnabrücker Fachbereich viel Gelegenheit. Denn der Kontakt zu den Dozenten ist eng.

"Die Betreuung ist hervorragend", sagt Prof. Vornberger, der selbst mit gutem Beispiel vorangeht. Der Professor stellt seine Vorlesungsskripte online zur Verfügung. "Auch die Arbeiten mit den Tutoren ist klasse", pflichtet Silke Reimann bei, die in Osnabrück Systemwissenschaften studiert.

Besonders stolz sind die Mathematiker auch auf die neuen Möglichkeiten, die sie dem Nachwuchs bieten können. Denn eine aus dem niedersächsischen Innovationsfonds finanzierte "Forschungsnachwuchsgruppe" wird am Fachbereich Mathematik der Universität Osnabrück eingerichtet. Wie jetzt bekannt wurde, soll sich diese Gruppe mit dem Thema "Lernen mit neuronalen Methoden" beschäftigen. Dafür stehen immerhin 1,7 Millionen DM für einen Zeitraum von fünf Jahren bereit. Forschung geschieht aber auch in anderen Kontexten. So in der Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich (SFB) "Diskrete Strukturen in der Mathematik", der an der Universität Bielefeld eingerichtet ist. In Osnabrück arbeitet eine eigene Arbeitsgruppe im Verbund mit dem SFB.

Daneben gibt es weitere Aktivitäten. So wird es ab dem Sommersemester 2001 eine von der Bundesstiftung Umwelt finanzierte Stiftungsprofessur zum Thema "Stoffstrommanagement" geben. Und schon jetzt beschäftigen sich Mathematiker mit der Steuerung digitaler Bibliotheken unter der Überschrift "Global Info". Ohnehin werden viele Abschlußarbeiten zu praktischen Themen aus der regionalen Wirtschaft geschrieben. "So habe ich meine Diplomarbeit nicht für den Aktenschrank geschrieben", meint dazu Doktorand Andreas Beyer. "Viele glauben einfach nicht, daß ausgerechnet Mathematiker sehr konkrete Probleme in den Griff bekommen", sagte Cohors-Fresenborg.

Dabei müsse Mathematik schon als "universelles Werkzeug" angesehen werden, das in vielen Bereichen angewendet werden könne. Genau diesen spiegelt der Fachbereich an Universität wieder. Hinzu kommen die "Angewandten Systemwissenschaften" und schließlich die Informatik. Die Studierenden lernen meist ohnehin in mehr als nur eine der genannten Bereiche. Vom "integrativen Ansatz" spricht Prof. Michael Matthies, derzeit Dekan des Fachbereiches, der besonders auf die Systemwissenschaften hinweist. Komplexe Probleme, etwa aus der Umwelt, werden hier mit mathematischen Methoden dargestellt und bewertet - ein interessantes Angebot, das längst viele Studierende auch aus großer Entfernung anzieht. Die Kombination der Qualifikationen macht es ohnehin.

"Wir haben einen ganz erfolgreichen Absolvententyp", sagt Vornberger. Der habe Kenntnisse in Mathematik, Informatik und Betriebswirtschaftslehre erworben. "Unsere Leute sind in der Industrie einfach erfolgreich", meinte Vornberger. Und seine Kollegen schwärmen von den exzellenten Chancen der Mathematiker auf dem Arbeitsmarkt.

Damit dies so bleibt - oder noch besser wird - werden derzeit neue Studienordnungen entworfen, die zu neuen Abschlüssen führen. Dabei wird an Bachelor- und Masterabschlüsse gedacht, die vielleicht schon zum Wintersemester 2000 angeboten werden könnten. Dabei soll auch die Informatik mit dem Bachelor erstmals einen eigenen Abschluß erhalten. "Ich halte diesen Abschluß für sinnvoll, weil der den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes entgegenkommt", sagte Prof. Vornberger. Dafür ist nach Meinung der Professoren der Fachbereich schon jetzt sehr gut eingestellt. Die Module für erfolgreiche Studiengänge seien vorhanden. "Dies muß jetzt nur richtig nach außen dargestellt werden", sagt Prof. Cohors-Fresenborg.

Universität Osnabrück, Fachbereich Mathematik, Albrechtstraße 28, 49069 Osnabrück, Telefon 05 41/969-25 61, Telefax: 05 41/969-27 70.


Weitere Informationen: [ Medieninformatik | Informatik | Universität Osnabrück ]
Webserver-Team